30.5.2025 17:00 Uhr

»Deportation der deutschen Juden aus Stettin im Jahr 1940«

Buchpräsentation und Autorengespräch

  • Auf Polnisch, Auf Deutsch
  • Bibliothek Książnica Pomorska, Podgórna 15/16, 70-205 Szczecin

Das Deutsch-Polnische Haus organisiert in Zusammenarbeit mit dem Historischen Institut der Universität Szczecin und dem Internationalen Zentrum für Interdisziplinäre Studien (MOBI) der Universität Szczecin in der Bibliothek Książnica Pomorska Szczecin am 30. Mai 2025 eine Buchvorstellung von Prof. Andrea Löw. Sie stellt dem  Publikum ihr Buch »Deportiert. "Immer mit einem Fuß im Grab" - Erfahrungen deutscher Juden« vor, das die Deportationen der deutschen Juden thematisiert. Im Mittelpunkt des Buches stehen deutschsprachige Jüdinnen und Juden – bzw. von Nationalsozialisten als „Juden“ definierte und verfolgte Menschen, von denen sich viele selbst in erster Linie als Deutsche gefühlt hatten. Sie wurden unter anderem nach Riga, Minsk oder in die Tötungsanlagen von Belzec, Sobibor und Treblinka verschleppt.


Im Anschluss an die Buchvorstellung stellt Prof. Dr. Jörg Hackmann, Direktor des Internationalen Zentrums für Interdisziplinäre Studien (MOBI US) der Universität Szczecin, ein Projekt zur "Topographie des jüdischen Szczecins vor dem Holocaust" vor.

 

Die Veranstaltung wird von Dr. Eryk Krasucki vom Historischen Institut der Universität Szczecin moderiert.

Die Veranstaltung findet auf Deutsch und Polnisch mit Simultanübersetzung statt.

»Eine kollektive Erzählung auf Basis Hunderter Zeugnisse«

Die erste große, vielstimmige Erzählung über die Erfahrungen der Jüdinnen und Juden, die während des Nationalsozialismus aus dem Deutschen Reich ins besetzte Osteuropa deportiert wurden. Auf Basis Hunderter Briefe, Postkarten, Tagebücher,  Video-Aufzeichnungen und vieler weiterer Quellen verwebt die Historikerin Andrea Löw die individuellen Geschichten zu einem erschütternden Zeugnis. Ein Zeugnis, das umso wichtiger ist, als die letzten überlebenden Opfer der Shoah bald nicht mehr selbst erzählen können.


Ab Herbst 1941 wurden die im Deutschen Reich verbliebenen Jüdinnen und Juden systematisch »nach Osten« deportiert. Der Deportationsbefehl war unerbittlich – ein Koffer war erlaubt, es blieb kaum Zeit, um alles zu regeln und Abschied zu nehmen. Dann wurden die Menschen aus ihrem bisherigen Leben gerissen. Wer konnte, schrieb Briefe an Verwandte, in denen sie ihnen und sich selbst Mut machen, aber auch ihre Sorgen und Ängste thematisieren. Auch während des Transports, in den Ghettos und den Lagern schrieben die Menschen Briefe und Postkarten, es sind Tagebücher und Chroniken überliefert, die in der Situation selbst entstanden sind - das macht diese Zeugnisse so unmittelbar.

Aus den Stimmen der einzelnen Menschen komponiert Andrea Löw eine Erzählung, deren Lektüre die ganze Ungeheuerlichkeit des Verbrechens emotional bewusst macht. Indem sie selbst zu Wort kommen, werden die Menschen sichtbar – als Mütter, Kinder, Großeltern, als Liebende, als Junge und Alte. Sie schildern ihre Ängste und Hoffnungen, die Stationen bis zur Abreise, den Transport, das Überleben im Ghetto. Die meisten erwartete am Ziel der sichere Tod, die Überlebenden berichten von Gefangenschaft, Flucht und Rettung. Sie alle waren Menschen, die Unfassbares erleben mussten – dieses Buch bringt sie uns ganz nah, mit all ihrem Mut und ihrem Leid.
 

Wer wissen möchte, was sich hinter den Namen und Orten auf den vielen Stolpersteinen in deutschen Städten verbirgt, findet die Geschichten der Menschen in diesem Buch. Aus Berlin und Hamburg, Leipzig und München, Dresden, Stuttgart, Köln, Hannover, Wien, Breslau oder Stettin und vielen anderen Orten.«

© S. Fischer Verlage, Klappentext

 

 

 

 

 

© S. Fischer Verlage 

Prof. Dr. Andrea Löw ist Historikerin, Autorin und wissenschaftliche Leiterin des Zentrums für Holocaust-Studien am Institut für Zeitgeschichte in München. Zudem ist sie Honorarprofessorin am Lehrstuhl für Zeitgeschichte der Universität Mannheim und Redakteurin der Sehepunkte. Sie war an verschiedenen Forschungsprojekten beteiligt, unter anderem der Enzyklopädie des Gettos Lodz/Litzmannstadt, Graphic Novels und die Vermittlung der Holocaust-Geschichte und der Auswahl-Edition des Ringelblum-Archivs. Zu ihren Publikationen zählen die Bücher Juden im Getto Litzmannstadt. Lebensbedingungen, Selbstwahrnehmung, Verhalten (2006) und Das Warschauer Getto. Alltag und Widerstand im Angesicht der Vernichtung gemeinsam mit Markus Roth (2013). Ihre Forschungsschwerpunkte sind die Geschichte der NS-Judenverfolgung, insbesondere die Gettoisierung im besetzten Polen und jüdische Selbstzeugnisse aus Gettos. 

 

 

 

© Kristina Milz

Prof. Dr. Jörg Hackmann ist Historiker, Autor und Professor für osteuropäische Geschichte an der Universität Szczecin. Dort wurde er 2021 zum Wissenschaftler des Jahres der Universität Szczecin in der Gruppe Geistes- und Sozialwissenschaften gekürt.  Er beteiligte sich an verschiedenen Forschungsprojekten, unter Anderem Mare – Pomerania – Confinium. Das Meer – Pommern – die Grenzregion als Orte des deutsch-polnischen Dialogs. Grenzübergreifendes Netzwerk zur wissenschaftlichen Kooperation und historischen Bildung über Ostsee und Odergebiet von 2021 bis 2022,  Public History und die Krise der Liberalen Demokratien – regionale Perspektiven (Frankfurt / Oder – Szczecin) von 2020 bis 2021 und Entwicklung geisteswissenschaftlicher Grenzregionsstudien. Die Oderregion in transnationaler Perspektive (Universität Szczecin, Europa-Universität Viadrina) von 2018 bis 2019. Von 2021 bis 2023 war er am Forschungsprojekt Topographie jüdischen Lebens in Stettin: Vom Ende des 19. Jahrhunderts bis zur Shoah beteiligt. Neben anderen Mitgliedschaften ist er geschäftsführender Vorstand der Academia Baltica, President Elect der Association for the Advancement of Baltic Studies und Mitglied der Baltischen Historischen Kommission.

 

 

 

© Magdalena Seredyńska-Hundert

Dr. Eryk Krasucki ist Historiker mit Schwerpunkt Zeitgeschichte und Professor am Institut für Geschichte der Universität Szczecin.

© Paweł Miedziński